Interview: Fleisch ist kein Fast Food

„Tierschutz macht Schule“ im Gespräch mit DI Reinhard Gessl.

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Leiter der Abteilung Tierhaltung und KonsumentInnen-Information des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL Österreich).

Welche Nutztiere leiden besonders unter den Tierhaltungsbedingungen?

DI Reinhard Geßl: Zum Beispiel Schweine und Rinder auf Vollspaltenböden ohne Auslauf.

Was können KonsumentInnen für die Tiere tun?

DI Reinhard Geßl: Beim Einkaufen können wir täglich darüber entscheiden, welche Tierhaltung wir mit unserem Geld fördern. Für Bio- Betriebe sind Kastenstände und Vollspaltenböden verboten. Einstreu ist verpflichtend und die Tiere können auch ins Freie gehen. Wenn ich im Supermarkt Bio-Fleisch, Bio-Wurst, Bio-Milch und Bio-Eier kaufe, fördere ich Bauern, die diese Maßnahmen setzen.

Ist es in einer Wohlstandsgesellschaft überhaupt ethisch, Tiere zu halten?

DI Reinhard Geßl: Vom ethischen her ist es für mich ein fairer Deal: Wir nutzen die Tiere, aber sie sollten als Gegenleistung von uns ein tiergerechtes Leben bekommen.

Die Qualität eines Lebens in freier Wildbahn kann keine Tierhaltung bieten, oder?

DI Reinhard Geßl: Schon, aber das Leben in freier Wildbahn hat auch Schattenseiten. Krankheiten und Feinde, das Verhungern im Winter. Unsere Nutztiere werden davor geschützt. Und man darf nicht vergessen, dass sie ohne die Absicht der Nutzung nicht auf der Welt wären.

Was ist dran am Bioschmäh?

DI Reinhard Geßl: 99,9 Prozent der Bio-Betriebe arbeiten sauber, motiviert und streng nach den Vorschriften. Die wenigen schwarzen Schafen werden bei den verpflichtenden Bio-Kontrollen aufgedeckt, davon liest man dann in der Zeitung, was ein großer Image-Schaden für die anderen ist.

Was macht man, wenn auf einem Bauernmarkt die angepriesenen Bio-Erzeugnisse nicht verpackt sind und keine Kennzeichnung haben?

DI Reinhard Geßl: Am besten man lässt sich das Bio-Zertifikat zeigen. Auf Bio-Märkten ist es üblich, dass die Bauern dieses Zertifikat am Stand hängen haben. Dort steht die Betriebsnummer drauf.

Was würde den österreichischen Bäuerinnen und Bauern helfen?

DI Reinhard Geßl: Wenn Sie für Tierschutzmaßnahmen bezahlt bekommen würden. In der Schweiz gibt es Direktzahlungen. In Österreich geht das über den Umweg der Investitionsförderung. Wenn man zum Beispiel den Stall umbauen möchte. Das Geld geht dann zwar offiziell an die BäuerInnen, dann aber unmittelbar weiter an die Stallbaufirma. Gebe es eine eigene Förderung zur tiergerechten Haltung, würde das Geld direkt beim den BäuerInnen bleiben. Auch BäuerInnen, die nicht Bio sind, könnten für Tierschutzmaßnahmen rasch Geld bekommen. Das würde die Motivation, Tiere tiergerecht zu halten, stark erhöhen.

Warum ist Fleisch aus guter Tierhaltung teurer?

DI Reinhard Geßl: Bessere Lebensbedingungen für Schweine und Rinder wie mehr Bewegungsfreiheit, Einstreu zum Liegen und Freilandhaltung bedeuten mehr Aufwand und Ausgaben für die Bauern. Weniger Tiere pro Quadratmeter bringen auch weniger Gewinn je Fläche. Betriebe, die sich nicht daranhalten, können viel billiger produzieren.

Wie kann man Menschen überzeugen, für das Schnitzel mehr Geld auszugeben?

DI Reinhard Geßl: „Fleisch ist kein Fast Food, sondern sollte immer etwas Besonderes sein, das man bewusst konsumiert. Mein Mittagsteller wird nicht teurer, wenn ich ein kleineres Stück Fleisch - dafür aus guter Tierhaltung - esse und dazu mehr Gemüse am Teller hab. Da steigt nicht der Preis, sondern die Lebensqualität.“

Vielen Dank für das Interview!

Das Gespräch führte Mag.a Daniela Lipka vom Verein „Tierschutz macht Schule“.